Das Altarbild der Auferstehungskirche
Sie sehen hier ein für Hamburg einzigartiges Altarbild, bestimmt, den Blick der Gläubigen gleich von der Kirchentüre weg auf sich zu lenken: Im besonderen Glanz der Glasmosaiktechnik zieht uns die Darstellung in ihren Bann.
Wir sehen drei Kreuze auf stilisierten Hügeln stehen, purpurnen Pyramiden gleich. Im Hintergrund erscheinen weiß und golden orientalische Gebäude: Jerusalem. Dann der Himmel: Tiefblau mit einer Art Schuppenmuster in Hellblau, das die Fläche belebt und Erwartung aufruft. Die Sonne: ein riesenhaftes Rund aus Gold, das mit seiner stumpfwinkligen Zackengloriole auf die Umgebung ausstrahlt. Hier und dort kleine funkelnde Ornamente wie Glitzersternchen über allzu große Flächen gestreut – Nebenwerk. Das alles sagt: Ostern.
Der Altar steht in der Kirche Barmbek-Nord, die eine Auferstehungskirche ist. Es hat 10 Jahre gedauert, bis diese besondere Form des Altarbildes gefunden war: Noch vor der Grundsteinlegung Anfang 1916 kamen für den Altar Heini Saffer und Leo Kalckreuth ins Gespräch, doch als die Kirche – zwischendurch im Rohbau Militärstiefeldepot – dann endlich fertig war, sah man hier nur eine weiße Fläche. Dann 1923 ein großer Wettbewerb, der gar nichts ergab. Und dann, 1925, in einem halben Jahr das Mosaik. Was war geschehen? Man kann sagen: Nun verloren sie die Nerven. Man kann sagen: Der Pastor, eigensinnig die ganze Zeit, fand endlich wen, der seine Ideen umzusetzen verstand. Man kann sagen: Die halbe Zeit hat die Lösung auf der Hand gelegen, nun endlich sah es jemand. Denn es ist das Kirchsiegel von 1920, das den Anstoß zur Gestaltung gab. Pastor Steffen gab den Abdruck einem motivierten Jüngling aus der in der Gemeinde heimischen Familie Bünz; der junge Bünz gab eine Skizze seinem Lehrherrn Nickelsen, dem Glasmaler; und dieser stilisierte das Bild und entwickelte Rahmung und Farbigkeit.
Purpur, Blau und Gold – diese Farben zeichnen auf der berühmtesten aller Ikonen, dem Dreifaltigkeitsbild des Andrej Rubljew, den Christus aus; auch Nickelsen mag das gewußt haben. Dieselben Farben, hier matt und kleinteilig, nur der Altargemeinschaft erkennbar, wählte Bildhauer Kuöhl, um eine Abendmahlsdarstellung zu fassen, welche das Mosaik wie eine Predella stützt. Erkennbar von Leonardos Mailänder Fresko abhängig, erzählt es die Szene gleich auch unter Vorgriff auf Emmaus und als Vorbild der sonntäglichen Abendmahlsfeier. Den Eindruck frommer Schlichtheit traf Kuöhl durch gleichmäßige Grundkomposition und durch Anlehnung an die Reliefs des Naumburger Meisters, dessen Art der ‚erzählenden Hände‘ er adaptiert. Ein filigraner Rahmen – Mosaik in Terrasitbettung – ergänzt diese Szenen um einen Weinstock, der in einer Heiliggeisttaube kulminiert. So redet das ganze Altarbild von den Erfahrungen, die vom Abendmahl Jesu her durch die Purpurschatten des Todes hindurch zur Sonne der Auferstehung gehen und ihren irdischen Ausdruck in der Abendmahlsgemeinschaft finden.
Wie auf einer Kastenbühne steht das alles in dem hochgesockelten Altarraum, den Architekt Camillo Günther schon 1914 in einem etwas plüschigen Stil mit allerlei Neubarockzieraten und erstaunlich viel Vorhangstoff im Kirchenraum in Szene gesetzt hatte. Welch Schauspiel!
Jochen Schröder
‚kunstforum matthäus‘
Download: Aufsatz - Wer entwarf das Altarwandmosaik der Auferstehungskirche in Barmbek-Nord? (pdf, 2,4MB)